
Es ist kurz nach sieben Uhr morgens, mit dem letzten Schluck Ihres Frühstückskaffees nehmen Sie Ihr aufgeladenes Smartphone von der Docking-Station und machen sich auf den Weg in die Garage. Dort ziehen Sie den Stecker des Ladekabels aus Ihrem Elektroauto, wickeln das Kabel auf und hängen es an die Wand. Beim Blick aus dem geöffneten Garagentor sehen Sie plötzlich Ihren Nachbarn, der gegenüber direkt in sein Auto steigt und losfährt. Denn sein modernes Elektroauto lädt er einfach induktiv auf – über die entsprechende Ladeplatte im Boden seiner Garage. Zukunftsmusik, denken Sie? In der sich rasant entwickelnden Welt der Elektromobilität könnten diese morgendlichen Abläufe bald schon zur Normalität werden.

Warum eine funktionierende Infrastruktur die Basis für den Markterfolg ist
E-Mobilität ist in aller Munde. Egal, welche Zeitung man aufschlägt oder welche Online-News man liest – beinahe täglich stolpern wir über neue Entwicklungen und Anwendungen: von der Produktion neuer Elektroautos der großen Automobilhersteller über das Entstehen neuer Start Ups im Autobau bis zu gemeinsamen Smart-City-Projekten von Energiekonzernen und Kommunen – wie zum Beispiel dem Aufstellen smarter Straßenlaternen, die zugleich als Ladesäulen für Elektroautos dienen¹.
Was für den Laien beeindruckend futuristisch klingt, ist jedoch nur möglich, weil Unternehmen wie LANXESS dafür bereits lange im Vorfeld geeignete Materialien entwickelt haben. Solches Know-how im Hintergrund – sowie der Mut und die Kreativität, weit über den eigenen Tellerrand hinaus zu planen – schaffen für Automobilhersteller die Grundlage, ihre Elektrofahrzeuge weiterzuentwickeln. Und nicht zuletzt auch dafür, dass weltweit eine geeignete Lade-Infrastruktur geschaffen wird, die eine wichtige Grundvoraussetzung für den Erfolg der Elektromobilität darstellt.
Lade-Infrastruktur als Hauptkriterium
Aktuelle Umfragen und Studien wie von Forsa oder dem Zukunftsinstitut² zeigen, dass für bis zu 90 Prozent der Befragten eine gut ausgebaute Lade-Infrastruktur eine wesentliche Voraussetzung für den Umstieg auf ein Elektroauto ist. Erst danach folgen Kriterien wie „Reichweite“ oder „Kosten“. Der umfassende Ausbau dieser Infrastruktur – also die Schaffung von Lademöglichkeiten an öffentlichen, gewerblichen und privaten Plätzen – sollte daher für Industrie, Wirtschaft und Politik Priorität haben. Und zwar nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. In einigen Ländern funktioniert das besser, in anderen schlechter. Fakt ist aber: Eine gut funktionierende Lade-Infrastruktur wird wesentlichen Einfluss auf die Weiterentwicklung und den Markterfolg der E-Mobilität haben.
Der Ausbau der Infrastruktur umfasst ein weites Feld, in dem sich für die unterschiedlichsten Unternehmen und Dienstleistungen Entwicklungspotenziale und Aufgabenfelder ergeben. Und das fängt viel früher an als bei dem fahrenden Elektroauto auf der Straße – denn dort muss es ja erst einmal hingelangen, und dazu muss es mit Strom versorgt werden. Vorausdenken und Impulse liefern ist hier das Credo. „Die Beanspruchungen von beispielsweise Steckern oder Ladekabel für Elektroautos sind wesentlich höher, als man allgemeinhin annimmt.“, führt Julian Haspel an, Leiter des Teams e-Powertrain bei der LANXESS-Business Unit High Performance Materials (HPM). Deshalb kommen bei der Herstellung von Steckern, Schaltern und Kabelummantelungen für Ladestationen sowie Gehäusen für Wandladestationen auch die Hochleistungskunststoffe von LANXESS zum Einsatz. „Die spezifischen Materialeigenschaften von Durethan® und Pocan® im Hinblick auf emperaturverhalten, Dimensionsstabilität, Verzug, Steifigkeit und Belastbarkeit bieten Herstellern hier alle Möglichkeiten, innovative Produkte zu entwickeln und zu fertigen“, erklärt Haspel. Gleiches gilt für das spannende Feld des ‚induktiven Ladens‘.
Laden per Induktion
Induktives Laden kennen wir bereits seit Längerem, zum Beispiel von elektrischen Zahnbürsten oder Smartphones. Doch für Elektroautos hat sich das Prinzip (noch) längst nicht etabliert – ist der technische Aufwand hier doch ungleich größer. Beim induktiven Laden wird die Autobatterie kontaktlos geladen. Dazu benötigt man zwei Spulen – eine auf dem Boden, eine am Fahrzeug. Richtig übereinander platziert, erfolgt so die Energieübertragung. Dies kann sowohl stationär (also auf Parkplätzen oder in Garagen) als auch mobil (also während des Fahrens) stattfinden. Funktionierende Praxisbeispiele gibt es jedoch bereits: So transportieren in Brauschweig bereits seit 2015 vier Elektrobusse dank induktiver Ladung ihre Passagiere von A nach B – sehr erfolgreich und zur Zufriedenheit von Verkehrsbetrieben und Fahrgästen.
Doch was projektbezogen für Nutzfahrzeuge wie diese Omnibusse funktioniert, hat den breiten Automobilmarkt noch nicht erreicht. Hier muss in vielen Fällen noch Pionierarbeit geleistet werden – innovative und funktionale Lösungen sind gefragt.
Bei der Herstellung von Ladeplatten, Bodenmontageabdeckungen und -rahmen in Autos sowie ganzer Ladesysteme sind verschiedene Durethan®-Typen oder thermoplastische Verbundwerkstoffe wie Tepex die Materialien der Wahl.
Wesentlicher Punkt bei der Entwicklung neuer, wirtschaftlicher Lösungen ist es – wie generell im Bereich der Elektromobilität und dem Ausbau ihrer Infrastruktur – neu zu denken und auf den ersten Blick ungewöhnlich anmutende Kooperationsmodelle zu schaffen. Und zwar branchen- wie herstellerübergreifend.
Coopetition – das neue Zauberwort
Schnittstellen und Kooperationen zwischen unterschiedlichen Branchen werden zu zentralen Erfolgsfaktoren. ‚Coopetition‘ ist hier das neue Stichwort: Denn um sich am E-Mobilitätsmarkt zu etablieren, treten immer mehr große und kleine Unternehmen in einen ‚Kooperationswettbewerb‘, um gemeinsam nachhaltige Konzepte und innovative Technologien voranzutreiben und zugleich wirtschaftlich davon zu profitieren. Zahlreiche Dienstleistungen werden rund um das Thema Elektromobilität und die Bereitstellung sowie Nutzung einer intelligenten Lade-Infrastruktur entstehen – inklusive entsprechender Abrechnungsmodelle. Das betont auch das Zukunftsinstitut in seinem Dossier „E-Mobility mischt den Markt auf“. Gemeinsame Forschungen zu einer effektiven Lade-Infrastruktur, neuen Antriebstechnologien, Leichtbau und Batterien bewirken eine massive Öffnung der Branche. Partnerschaften zwischen Automobilherstellern und anderen ‚Mobilitätsunternehmen‘ werden zur Normalität, da sich nur auf diesem Weg Angebote, Schnittstellen und der Betrieb realisieren lassen.
„Das Design für den Zugang zum Markt wird mitentscheidend für den Erfolg sein: möglichst einfach und standardisiert“, sagt auch Jan Bender von LANXESS. Wer Anwendern beispielsweise zumutet, etliche verschiedene ‚Strom-Tankkarten‘ besitzen zu müssen, um tatsächlich flächendeckend sein Elektroauto aufladen zu können, wird im Mobilitätsmarkt von morgen auf keinen grünen Zweig kommen. Offenheit, Kooperationen und der daraus resultierende Mehrwert für den Anwender werden die größte Relevanz haben.
Verschiebung des Know-hows
Ein wesentlicher Faktor bei der Entstehung übergreifender Kooperationen ist auch die Tatsache, dass sich die Kompetenzen verschieben. Während die Automobilhersteller beim Verbrennungsmotor über einen Know-how-Anteil von über 60 Prozent verfügen, sinkt ihr Wissen bei der Entwicklung von Elektromotoren auf unter 15 Prozent. Andere Branchen, wie vor allem Elektronik und Chemie, sind der Entwicklung hingegen bis zu zwei Jahrzehnte voraus und haben bereits adäquate Produkte in ihrem Portfolio. „Mit seinen Hochleistungskunststoffen ist LANXESS hier das beste Beispiel – diese bieten schon seit Jahren die Produkteigenschaften, die sie auch für die Anwendungen in der Elektromobilität als geeignete Werkstoffe prädestinieren“, weiß Jan Bender.
Erfolgreiche Kooperationen führender Automobilhersteller gibt es einige: Daimler kooperiert beispielsweise mit dem chinesischen Unternehmen BYD, Volkswagen mit Varta Microbattery, Audi mit Voith Partner. Nach wie vor als Pionier der Branche gilt Tesla. Und ganz aktuell meldete Volkswagen, dass der Konzern mit E.Go einen ersten Partner zur Nutzung seines ‚Modularen Elektrifizierungsbaukastens (MEB)‘ gewinnen konnte. In Zukunft will E.Go mit Volkswagen ein neues Fahrzeug auf Basis dieses Baukastens entwickeln. „Ziel ist es, MEB als Standard der E-Mobilität zu etablieren“, so VW-Konzernchef Herbert Diess kurz vor der Eröffnung des diesjährigen Autosalons in Genf.4
Angebot und Nachfrage – Potenziale schaffen und nutzen
Um aber die Masse zu erreichen und zu überzeugen, gilt es, die neuen Technologien und Entwicklungen vertrauenswürdig zu machen. Dafür sind wiederum die etablierten Marken gefragt, denn die seit langembewährte Qualität wird weiter ein Entscheidungskriterium bleiben. Außerdem entscheidend: der ‚Ease of Use‘, also der Gebrauchswert für den Anwender. Dazu äußert sich auch die Unternehmensberatung Oliver Wyman, die in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Shanghai und Singapur eine Studie zur Zukunft der Mobilität durchgeführt hat. Demzufolge müssen die Player nicht zwingend alle Bereiche der Mobilität abdecken, um sich am Markt aufzustellen – aber sie sollten sich (weiterhin) als wichtiger Ansprechpartner in der Mobilitätskette positionieren.5 Als erfahrener und im Markt etablierter Experte im Bereich der Hochleistungskunststoffe ist LANXESS bei den technischen Kunststoffen seit Jahrzehnten etabliert.

„Für Kunden auf der ganzen Welt aus der Automobil- und Automotive-Branche ist LANXESS seit vielen Jahren nicht nur starker Partner, sondern auch Impulsgeber und Innovator bei der Entwicklung neuartiger Lösungen. Auch und verstärkt im Vorantreiben der Elektromobilität und dem Ausbau ihrer Infrastruktur.“
Denn mit den Kunststoffen von LANXESS werden Ladesysteme leichter, formstabiler, wärmebeständiger und – je nach Anforderung – leitfähiger oder aber stärker in ihrer elektromagnetischen Abschirmung.
Kreative Konzepte als Impulsgeber
Um den Ausbau der Lade-Infrastruktur voranzutreiben, gibt es weltweit verschiedene und sehr kreative Ansätze. Projekte, wie der Ausbau alter Telefonzellen in Österreich zu Ladestationen für Elektroautos, fördern den Innovationsgedanken und den Blick über den Tellerrand. Große, internationale Hotel- und Gastronomieketten, wie Radisson Blu oder Skylark aus Japan, bieten Gästen kostenlose Ladestationen für ihre Elektroautos. Und nicht zuletzt bietet auch das Konzept des Car-Sharings große Potenziale für Hersteller, sich am Ausbau der Infrastruktur zu beteiligen und als Experten zu positionieren. Denn vor allem in den dynamischen Megacitys der Welt werden Elektrofahrzeuge eine immer größere Rolle spielen – sie sind leise, umweltfreundlich und perfekt für Kurzstrecken geeignet. Immer mehr Car-Sharing-Flotten sind batteriebetrieben. Für Privatanwender genauso wie für Firmen. Mit Wachstumspotenzial – und der Notwendigkeit, für diese Flotten auch genügend Lademöglichkeiten zu schaffen. Globale Anforderungen benötigen global agierende Partner. LANXESS verfügt nicht nur über ein weltweites Standort- und Produktionsnetz, sondern ist auch ganz dicht an den Märkten und den E-Mobilität-Hotspots. In enger Zusammenarbeit mit den etablierten Marktführern – aber auch mit innovativen Startup-Unternehmen, wie den auf der Startup-Messe SLUSH in Helsinki vertretenden Querdenkern.
Energiewende und Smart Grid
Last but not least: das Thema Energiewende. Dies begünstigt weltweit den Ausbau des Smart Grids. Wo früher zentrale Kraftwerke den Strombedarf ganzer Städte stemmten, besteht das Netz der Energielieferanten heute vermehrt aus zahlreichen Klein(st)anbietern: Photovoltaikanlagen auf Privathäusern, Landwirte mit eigenen Biogasanlagen oder Windkraftanlagen. Möglichst alles miteinander vernetzt und damit smart. Das Smart Grid wird Teil der Elektromobilität; ‚Vehicle to Grid‘ lautet hier das Stichwort. Das Konzept: Die Autobatterien dienen als Zwischenspeicher für Überkapazitäten aus dem Stromnetz – und geben den Strom zu Spitzenverbrauchszeiten auch wieder ans Netz ab. So werden Kapazitäten effizient und vor allem nachhaltig genutzt.
Voraussetzung für eine flächendeckende Einbettung des „Vehicle to Grid“-Konzeptes sind allerdings genügend Stellflächen, auf denen die Elektroautos über mehrere Stunden mit dem Stromnetz verbunden werden können.
Source references
¹https://iam.innogy.com
²Forsa study commissioned by the Renewable Energy Hamburg Cluster; www.zukunftsinstitut.de
³https://t3n.de
4www.heise.de/newsticker
5www.oliverwyman.de